Tankstellen-Erlebnisse

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MotorProsa fährt mittlerweile am liebsten elektrisch – da spielen Tankstellen nur noch eine geringe Rolle. Zwar weckt die Zero SR/F beim Laden immer viel Interesse bei Passanten, aber an normalen Tankstellen erlebte ich sehr viel Lustiges. Eine abgas-schwangere Rückschau.
(Alle Bilder: https://pxhere.com)

Das Symbol von MotorProsa: die Füllfeder.

Denke ich an Tankstellen, dann meist an die, die noch in weiter Ferne liegen und die man dringend erreichen sollte. Und davon gibt es immer mehr – weil Tankstellen immer weniger werden. Meinen ersten heißen Ofen, einen hemmungslos frisierten Piaggio Bravo mit offiziellen 50 ccm, konnte ich noch in Sichtweite meines Zuhauses betanken – und das war öfter notwendig als man glaubt, denn der eingebaute „Speed Engine“ von Polini sog sich dramatische Mengen an 2%igem Benzin-Öl-Gemisch durch den größeren Vergaser, verbrannte es zu weitum wohlriechenden, blauen Abgasfahnen und vertiefte meinen CO2-Fußabdruck nachhaltig. Mit diesem übermotorisierten Fahrrad die Jungs auf ihren Vespas niederzuwheelen, das war mir jeden Liter „miscela“ wert.

Massiver Verbrauch –
 von Anfang an

An dieser nahegelegenen Tankstelle kam es vor vielen Jahren zur ersten gröberen Konfrontation mit dem Gesetz. Um die Zapfsäule zu erreichen, bevor der letzte Tropfen verbrannt war, drehte ich im Windschatten einer etwas schnelleren Fantic Caballero Cross-Maschine heftig am Griff, und es ging mit Vollgas durch mein Dorf. Die Carabinieri-Station, an der sich zwei Gesetzeshüter in ihren Panda setzten, passierten wir mit High Speed – diese lag nicht bei den in der Ortschaft gebotenen 50 km/h, sondern näherte sich schon ziemlich dem heute üblichen Landstraßen-Limit.

Der Benzin-Luis freute sich über unseren Besuch, so wie er es alle zwei Tage tat, denn der Verbrauch meines Bravo war – wie erwähnt – nicht von dieser Welt. Dass wir bei der zügigen Weiterfahrt plötzlich den Carabinieri-Panda hinter uns hatten, freute den Benzin-Luis vielleicht nicht, aber amüsierte ihn sicher.

Nach kurzer Verfolgungsjagd und längeren, teuren Amtshandlungen ging ich eine Zeitlang zu Fuß. Die Carabinieris übrigens auch, sie hatten auf der Jagd nach der Fantic den Panda verschrottet – die Crossmaschine war im Gelände nicht ohne größeren Aufwand einzuholen. Der Benzin-Luis schloss seine Tankstelle wenige Monate später: er hatte das Altöl seiner Kunden kostengünstig hinter seinem Häuschen entsorgt, und das fiel bei der Nachbesprechung mit den Carabinieris wohl auf …

Fortan tankte ich selbst abgerührtes Benzin-Öl-Gemisch. Prozentrechnen war allerdings nie meine Stärke .. der treue „Speed Engine“ ging alsbald mit materialmordendem Getöse in die ewigen Jagdgründe ein.

Das Symbol von MotorProsa: die Füllfeder.

Ich kaufte einige Zeit später mein erstes „richtiges“ Motorrad – die schöne und wenig gelaufene Suzuki RGV 250 Gamma gehörte lustigerweise einer Tankstellen-Besitzerin. Zwar blieb ich mit der Maschine schon auf der ersten Ausfahrt mit toter Zündkerze hängen, aber beginnt nicht jede Beziehung irgendwie holprig? Fortan erweiterte sich mein Freundeskreis unter den Tankwarten rapide, dank mindestens 12 Litern Benzinverbrauch auf 100 Kilometern und 1,5 Litern Ölverbrauch auf 1.000 Kilometern. Irgendwie kam ich von den Säufern nicht weg – eine eigene Tankstelle, wie sie die Vorbesitzerin betrieb, wäre echt nicht schlecht gewesen.

Bis zur nächsten Tankstelle
 reicht’s noch locker …

Das schönste Tankstellen-Erlebnis mit dieser Suzuki fand an einem heißen Sommertag statt. Ich fuhr mit Sozius auf das Stilfserjoch und in Richtung Bormio hinunter. Auf dem Rückweg begann die Benzinstands-Warnlampe zu glimmen – das schwer bepackte Fahren im hohen Gebirge trieb den Verbrauch heftig nach oben. An der Tankstelle, an der ich die Suzuki einst kaufte, rollte ich guter Dinge vorbei, – „reicht ja noch“. Nach ungefähr zwei weiteren Kilometern stellte der Motor dann seine Arbeit ein …

Die Sonne brannte heiß auf Fahrer, Beifahrer und Fahrbahn, und die kleine, leichte Suzuki verwandelte sich beim Schieben in ein schweres Miststück – dass wir in die falsche Richtung schoben, zwei Kilometer vorwärts zur nächsten geschlossenen Tankstelle und nicht einen Kilometer zurück zur geöffneten, das hat mir mein Beifahrer etwas übel genommen.

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Mobile Tankstellen, hemdsärmeliger Art – wären öfter mal hilfreich gewesen

Monate später füllte ich in Limone (Gardasee) ein paar sehr dringend benötigte Liter Super in meine Yamaha FZR 1000 Exup. Das war damals ein MONSTER-Motorrad: auf dem Papier 145 PS stark, über 270 km/h schnell, und ich war damit auf Oster-Tour am italienischen Wasser. Wasser war wohl auch in den Schläuchen der versifftesten aller jemals besuchten Tankstellen – nach wenigen Kilometern brach die Leistung der Yamaha ein, sie schaffte es kaum, schneller als 80 Sachen zu laufen. Der Motor vibrierte ungesund, verschluckte sich, ging mehrmals aus und ließ in meinen Gedanken ein paar Millionen Lire in Rauch aufgehen.

Das Weib auf dem Sozius schrie heftigen Zeter und Mordio, hatte ich doch kurz zuvor eine – ihre – nahezu nagelneue, bequeme und sparsame Suzuki LS 650 Savage für die gut gebrauchte Terror-Yamaha in Zahlung gegeben. Nach einer abenteuerlichen Heimfahrt und einer ausgiebigen Reinigung von Benzinschläuchen und -filtern sowie neuen Zündkerzen lief die Maschine wieder wie gewohnt. An den Gardasee fuhr ich damit aber nie wieder – auch nicht mit der damaligen Sozia.

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Ob Tankstellen dieser Art immer frischen Sprit ausgeben?

Die nächste Maschine war wieder eine Yamaha – nicht mehr so groß, stark und heftig, sondern leicht, schmal und zahm: die TRX 850. Das war das erste Motorrad, das ich unter 5 Litern Verbrauch fahren konnte, ohne mich zurückhalten zu müssen. Mit ihr kam ich also locker 280 bis 300 Kilometer weit und verlor viele meiner Tankstellen-Freunde.

Trotz der immensen Reichweite schaffte ich es mit der TRX gleich zweimal, sie an eine Tankstelle schieben zu müssen. Konsequenterweise immer nach Fahrten auf das Stilfserjoch, und beide Male durfte ich die gleiche Strecke schieben wie Jahre zuvor auf der 250er Suzuki – meine Lernkurve verlief einfach etwas flach.

Dann kamen die Triumphs: als erstes eine Daytona T595 und als zweites, weil die erste nie ordentlich lief, eine Daytona 955i als Wiedergutmachung. Unbestritten schöne Motorräder, auch wunderbar anzufassen und prima zu fahren. Ab und zu jedenfalls.

Britische Tankstelle
 sind vermutlich etwas anders …

Ich holte die nagelneue T595 aus dem Laden in Bozen und versuchte, das gelbe Leuchten im Cockpit durch Füllen des Benzintanks zu stoppen. Ich füllte den Tank bis zum Rand, denn ich wollte so weit wie möglich damit kommen. Als ich mich kurz umdrehte, um die Zapfpistole einzuhängen, vernahm ich hinter mir ein verdächtiges Geräusch …

Der von der Sonne aufgeheizte Kunststofftank der Triumph zog sich vor Schreck ob des kalten Benzins zusammen und drückte einen ordentlichen Schluck Sprit zurück an die frische Luft. Benzin floss an der Flanke der Triumph in Richtung Motor, und ich sah vor meinem geistigen Auge meinen teuer finanzierten Traum zu Asche zu verbrennen, inklusive apokalyptischer Tankstellen-Explosionen. Nach dem ersten Schreck drückte ich den Tankverschluss nieder, sodass sich der teure Treibstoff einen neuen Weg ins Freie suchte: über den eigentlich für solche Fälle vorgesehenen Schlauch, der sich passenderweise direkt am heißen Auspuff entlud.

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Und dann lief der Tank über …

Dieser Selbstmörder-Schlauch wurde natürlich als erste Umbaumaßnahme an eine weniger hitzige Stelle verlegt. Und nach ungefähr einem Dutzend unverbrannten Litern Benzin gab ich es auch auf, jemals eine Triumph Daytona randvoll tanken zu können.

Durch die vielen Heiß-/Kaltschocks beim sommerlichen Tanken verschliss die Dichtung der im Plastikfass untergebrachten Benzinpumpe relativ schnell. Nach einigen Monaten wurde der Tank also genau dort undicht, in der Folge umgab mich ständig eine strenge Benzin-Aura. Ob die Triumph T595 mit dem Beinahmen „Rot und marod“ unter ihrem neuen Besitzer irgendwann mal spektakulär abgebrannt ist, ist mir nicht bekannt …

Upgrade: Auftritt der Ducati 748s. Zwar auch rot, aber weit davon entfernt, Triumph-ähnliche Sperenzchen zu machen. Der Stahltank verzog sich nicht, die Dichtung der Benzinpumpe schwächelte nicht, der Überlaufschlauch zündelte nicht. Fahren – tanken – fahren – teure Inspektion – fahren.

Ich fuhr sehr viel damit – sogar bis an die dänische Grenze, um dort für meine Partnerin ein eigenes Motorrad zu kaufen. Beim ersten Tankstopp wäre ich gerne mit Motorhilfe und ohne Helm in Richtung Kasse gefahren, aber weil an der Zapfsäule nebenan ein vollbesetzter Polizeiwagen stand, schob ich die Ducati zu Fuß von der Zapfsäule weg. Schritt Nr. zwei blieb am Seitenständer hängen, die Maschine kippte nach rechts und zog mich unwiderstehlich, einen nennenswerten Salto über die Ducati hinweg schlagend, mit. Spiegel, Blinker und Bremshebel zerbarsten auf dem Pflaster, mein Gesicht sprach wortlos Bände, und die Polizei hatte ihren ersten freiwilligen Einsatz an diesem Vormittag: Motorrad hochheben.

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Manchmal ist auch an Tankstellen weniger mehr …

Ich fuhr selbst ebenfalls leicht angekratzt nach Tarp und wieder zurück …

Die schärfste Tankstellen-Geschichte ereignete sich allerdings lange vor meiner Motorradfahrer-Zeit. Man stelle sich fünf Jungs um die 20 vor, in einem Renault 4, alle mit mindestens schulterlangen Haaren, gel-gestyled und blondgefärbt für die samstägliche Action in der Disko. Ich, mit Dauerwelle, saß vorne auf dem Beifahrer-Sitz, als wir an der einzigen Tankstelle des Ortes anhielten. Der alte Tankwart erhob sich schwerfällig und schwankte, offensichtlich schwerst betrunken, auf uns zu: Ohh, ein ganzes Auto voll mit Madamsen!! Na ihr Hübschen, wo soll’s denn hingehen?”

Der Fahrer, nicht auf den Mund gefallen, antwortete aufreizend im Falsett: “Wir suchen uns ein paar hübsche Jungs für den Abend. Hättest Du Zeit für uns?” Der Tankwart, der sich mittlerweile etwas am Auto festhalten musste, meinte lallend: “Lass mal gut sein, fünf Madamsen sind mir zwei zuviel …” und steckte die Zapfpistole in den rostigen Renault. Von seiner abgerauchten Zigarette fiel ein Stück Asche auf den Boden, was uns Fünf im Wagen, wieder im Falsett, aber echt entsetzt, ausriefen ließ: “Bist Du verrückt? Mach‘ den Tschigg aus, oder willst Du uns umbringen?”

Der Benzin-Fuzzy antworte knochentrocken:

“Keine Sorge, für Euch bin ich gut versichert –
 und um mich selbst ist es nicht schade …”

Der alte Renault 4 brach nach dem Bezahlen alle Beschleunigungs-Rekorde …

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