Sie ist da! Die Zero DSR/X, das neue Adventure-Motorrad der Elektro-Spezialisten aus Kalifornien. An den Hängen des Ätna wurde sie der internationalen Presse präsentiert, und ich durfte damit durch dramatische Landschaften fahren. Ein beeindruckendes Erlebnis!
Das war überraschend: Gerüchte über ein Update der bisherigen Zero DSR kursieren in der Szene schon länger – aber die beiden verhüllten Motorräder im Presse-Saal eines sizilianischen Golf-Resorts versprechen Größeres. Hier geht es nicht um Modellpflege, sondern um Neues.
Nach dem Zug an den schwarzen Tüchern kommen zwei Adventure-Bikes – so Zeros eigene Bezeichnung – zum Vorschein, die mit dem aktuellen „Schönheits“-Ideal von sog. Reise-Enduros brechen: auf der Bühne stehen elegante Multi-Tools, ohne ausladende Schnabel oder asymmetrische Gesichtsentgleisungen. Fließende, klare Linien kennzeichnen den muskulösen Vorderbau, auf Gestaltungs-Verrenkungen und im schlimmsten Fall abenteuerliches Dekor wurde verzichtet. In der Zeichenstube dienten definitiv Zeros eigener Sporttourer SR/S und die Design-Ikone FXE als Inspiration.
Alles neu
für das Abenteuer
Rahmen, Heck und Schwinge zitieren die bekannten SR/F bzw. /S, sind aber neu – die Geometrie des Rahmens ist nicht zuletzt wegen des 19 Zoll-Vorderrads geändert worden, das Heck stützt sich anders am Hauptrahmen ab und verträgt mehr Zuladung, die Schwinge wurde in Konsequenz stabiler gebaut. Sie muss nicht nur mit dem höherem Gewicht (247 kg) und der zu erwartenden wilden Belastung im Gelände klar kommen, sondern auch dem stärker drückenden Motor widerstehen. In der DSR/X zerren bis zu 225 Nm am nun 25 mm (5 mm mehr als zuvor) breiten Zahnriemen, die Riemenscheibe hinten ist radial gelocht, damit kleinere Fremdkörper schadlos einen Weg am Riemen vorbei finden. Bei 180 km/h endet der Vortrieb – wer will mehr?
Dieser Wums wird von einem 17,3 kWh großen Akku versorgt – soviel Energie führte bisher keine Zero mit sich. Im Verbund mit dem neuen Motor, der in Sachen Effizienz sicher nicht schlechter geworden ist, ergeben sich Reichweiten, die für die Allermeisten reichen werden. Geladen wird über Typ 2, was abseits von Metropolen und Autobahnen immer noch die beste Wahl ist. Der Ladeanschluss befindet sich hinter dem Lenkkopf, und diese Position verursacht mir leichtes Stirnrunzeln. Offensichtlich regnet es in Kalifornien tatsächlich nie.
Dass die Klappe der Steckdose wegen des schmalen Griff-Schlitzes nicht mit Handschuhen geöffnet werden kann, ist noch verzeihbar. Dass aber dieser schmale Schlitz den Typ 2-Port lässig unter Wasser setzen wird, nicht. Ich bezweifle, dass alles eindringende Wasser den Weg durch die winzige Ablaufbohrung finden wird – sowieso, wenn das Motorrad artgerecht durch den Dreck getrieben wurde. Hoffentlich täusche ich mich.
Freunde des praktischen Tankrucksacks werden zusätzlich die Augen verdrehen, denn der Ladeport ist damit nur noch schwer zugänglich. Zur Ehrenrettung: üblicherweise liegt das schwere Ladekabel im Tankfach, der Tankrucksack muss zum Laden also ohnehin entfernt werden. Das hat ein italienischer Konkurrent mit der seitlichen Positionierung des Ladeanschlusses besser gelöst.
Auch der Controller für die Antriebsmagie ist umgezogen. Bei den schnellen Schwestern ist er unterhalb des Akkus angebracht, die DSR/X trägt ihn wesentlich geschützter im Heck. Das ist gut für den Abstand zu grobem Untergrund, genauso wie die 190 mm Federweg, um die sich Showa, natürlich volleinstellbar, kümmert. Ebenfalls wieder mit dabei: der spanische Bremsenspezialist J-Juan mit radialem Besteck an Lenker und Vorderrad sowie einer größeren Bremsscheibe hinten, die im Verbund mit der Vorderradbremse arbeitet.
Nach wie vor – und das ist wirklich schade – gibt es keine Feststellbremse, die eine falsch geparkte DSR/X vor dem Fall schützen könnte. Das ist nach Rücksprache mit Zero jedoch keine Böswilligkeit und auch kein Versehen – moderne ABS-Systeme reagieren offenbar empfindlich auf dauerhaft hohe Drücke in den Bremsleitungen, und auch das Thema Dichtheit ist bei Fehlbedienung, sprich wochenlangem Parken mit anliegenden Bremsbelägen, nicht zu Ende diskutiert.
Aber: Zero hat über das Software-Konglomerat von Bosch und dem neuen Betriebssystem Cypher III+ eine „virtuelle“ Parkbremse implementiert. Nach einer bewusst kräftignm Betätigung der Bremse hät sich die DSR/X von selbst fest. Das ist angenehm, will man in Steigungen stehen bleiben.
Info darüber – neben Unmengen an anderem Wissenswerten – liefert das glasklare und immer gut ablesbare TFT-Display. Die Tiefen seiner Konfiguration wollen allerdings mit einem einzigen Schiebe-Drück-Knopf an der linken Lenkerarmatur gemeistert werden – und das erzwingt, wie schon an SR/F und /S, ein längeres Studium der Bedienungsanleitung. Denn: es ist ein Unterschied, ob der Mode-Button in Fahrt oder im Stand bzw. mit ausgeklappten Seitenständer betätigt wird, in welche Richtung er geschoben und wie lange er dort gehalten wird. Das verwirrt spätestens dann, wenn eine Fehlbedienung im Menü-Untergrund wieder den Startbildschirm aufruft.
Neu in der Zero DSR/X ist ein Offroad-Modus für ABS und Traktionskontrolle, der allen Fahrmodi zugebucht werden kann. Das schafft die lustige Möglichkeit, über 200 Nm Drehmoment ohne Traktionskontrolle in Sand und Schotter zu jagen. Eine irre Vorstellung!
Im auslaufenden 2022er Jahr möchte ich für das Konfigurations-Spiel allerdings gerne um einen Touchscreen mit individuell belegbaren Feldern bitten, und – seien wir doch mal ehrlich: beleuchtete und moderne Armaturen würden der DSR-X wirklich besser zu Gesicht stehen als die verbauten Restbestände vom Großserien-Hersteller.
Immerhin gibt es so keine neu zu lernenden Bedienelemente. Einzig Zero-Neulinge könnten eventuell Skrupel haben, während der Fahrt auf den Knopf des Elektro-Starters zu drücken, um den Tempomaten zu bedienen. Dass dieser immer noch am rechten Lenkerende beheimatet ist – ein ergonomisches Dilemma.
Spannend –
unterwegs auf den Straßen Siziliens
Schon nach den ersten Taxi-Kilometern war mir klar: in Sizilien möchte ich niemals mit dem Auto fahren müssen, sondern immer mit einem übersichtlichen und gut gefedertem Motorrad. Denn mein Taxi, eine schwarze Oberklasse-Limousine, ächzte auf den wüsten Straßen Catanias in jeder Ecke. Alles, was sich im Innenraum irgendwie aneinander reiben konnte, tat dies mit Eifer. Seitenscheiben, Hutablage und die Mittelkonsole klapperten im Rhythmus der fehlenden Pflastersteine. Nicht zuletzt kann man sich der sizilianischen Interpretation der Straßenverkehrsordnung auf einem handlichen Motorrad leichter entziehen – durch die Flucht nach vorne.
Aufgesessen und – wow! Vor mir breitet sich eine glatte Kunststoff-Landschaft aus, organisch und von einer bestechenden Lackqualität. Die Tankhaube schließt mit europäischem Spaltmaß, darunter gibt es massig Platz für Ladeequipment, Fotoausrüstung und Zeug. In der rechten Flanke befindet sich ein zusätzliches und sicher auch gern genutztes Staufach – wenn denn dessen Abdeckung nicht mit zwei Torx-Schrauben fixiert wäre. Der entsprechende Schlüssel liegt zwar im Bordwerkzeug, aber das versteckt sich unter der Sitzbank. Ein wenig umständlich, würde ich meinen. Mein Vorschlag für eine praktikablere Lösung: zwei Schnellverschlüsse. Aber wie dem auch sei: im Falle eines Falles wird der Preis dieser Abdeckungen freundlich ausfallen.
Der breite Lenker animiert zum Umarmen der Welt, die Mensch-Maschine-Schnittstelle ist von sofortiger Plug’n’Play-Qualität. Alles findet sich da, wo es hin gehört – die Fußrasten, wo man sie vermutet, der Seitenständer ist blind zu ertasten, das Windschild verschwindet buchstäblich im Handumdrehen aus dem Blickfeld. Die unvermeidliche Adventure-Steckdose findet sich ebenso im Cockpit wie USB-Buchsen im Tankfach. Das kann aber nur mit dem Zündschlüssel geöffnet werden – ein bisschen umständlich, wenn die Maschine schon startklar ist. Wir schreiben das Jahr 2022 – was ist mit Keyless go? Mir würde aber schon eine simple mechanische Lösung für das Öffnen der Tankhaube reichen.
Die Hänge des Ätna sind Motorrad-Paradies pur. Gefühlt steigt der Berg kontinuierlich aus dem Wasser des Mittelmeers an, zahllose schmale Straßen und enge Pfade schlängeln sich in die Höhe. Der Berg lebt, bewegt sich unablässig, schiebt die Landschaft vor sich her, biegt und formt sie, setzt sie mit zerstörerischen Lavaströmen auch schon mal komplett zurück. Das ergibt äußerst unterhaltsame Streckenverläufe, sorgt aber auch für Herausforderungen, die weniger geübten Motorradfahrern zusetzen könnten.
Die Zero DSR/X lässt sich im besten Wortsinn unauffällig über den mächtig Grip spendenden Asphalt fahren. Das Ansprechverhalten des Motors ist im Canyon-Modus, der einen Großteil der Power freisetzt und gleichzeitig stark rekuperiert, erstklassig. Faszinierend erstklassig. Kein einziger Millimeter Spiel schummelt sich zwischen „Gasgriff“ und Hinterreifen, Lastwechsel gibt es nicht, sie lassen sich auch nicht provozieren. Das sorgt in den engen Kurven, die sich bisweilen bitter zuziehen und noch dazu im Schatten hoher und tief in die Fahrspur ragender Nadelbäume liegen, für ein sehr einfaches Leben im Sattel.
Der kraftvollste
Gepäckträger auf dem Markt
Das 19 Zoll-Vorderrad hat sicher großen Anteil am ruhigen Lauf der DSR/X. Spurrillen wischen unbemerkt unter dem Gummi durch, Fahrbahnverwerfungen bleiben in den Showas hängen. Die Abenteuer-Zero erfüllt Änderungswünsche in der Linienwahl schon beim Denken und fällt willig in die Ecken. Es dauert nicht lange, und ich muss meine Stiefelspitzen auf die Fußrasten stellen, um die Sohlen nicht dem Ätna zu opfern.
Währenddessen arbeitet der Mix aus aktuellster Bosch-Software mit 6 Achsen-Zauber IMU und deren Integration in das Cypher III+ Betriebssystem für die Sicherheit. Über 200 Nm Drehmoment fordern den Hinterreifen gnadenlos, schieben Mensch und Maschine ansatzlos von Kurve zu Kurve und meisseln ein Lächeln in mein Gesicht. Die Traktionskontrolle hat dabei gut zu tun und erzählt davon mit unablässig flackernder Kontroll-Leuchte. Ich selbst spüre davon nichts, selbst überraschend im Kurvenscheitel auftauchende Überreste von Lava-Asche und Sandfelder verlieren ihren Schrecken. Meinen unfreiwilligen Fahrstabilitäts-Test übersteht die DSR/X mit Bravour: beim Anbremsen in tiefer Schräglage treffe ich eine Bodenwelle, die linke Fußraste setzt hart auf. Ohne Pendeln oder Rühren bleibt die DSR/X auf der gewünschten Linie.
Das ist alles Klasse – wenn auch im Grunde von einem Motorrad dieser Preisklasse nicht anders zu erwarten.
Und was ist mit dem „Adventure“? Unser Tourguide biegt von schönstem Asphalt in einen Feldweg ab. Meine Testmaschine rollt auf den nur mäßig profilierten Pirelli Scorpion und läuft im scharfen Canyon-Modus, der optionale Offroad-Modus ist aktiv.
Aus dem zu Beginn noch freundlichen Feldweg wird zügig ein Trampelpfad, für den Wanderer die dick profilierten Schuhe anziehen. Der sizilianische Wegebau nutzt alles verfügbare Material – Lavabrocken, groben Schotter, feinen Sand und gefallene Bäume – und überlässt es dann seinem Schicksal. Im staubigen Schlepptau meiner Kollegen wird aus dem Spurensuchen ruckzuck blindes Stochern. Die aus dem Nichts auftauchenden Anstiege erinnern mich daran, dass ich noch nie im Gelände Motorrad gefahren bin – schon gar nicht mit einem knapp 250 kg schwerem Hochbeiner.
Und dann kommt erneut die Besonderheit eines Elektro-Motorrads zum Tragen: nur damit ist es möglich, die Motorleistung so glasklar und fein zu dosieren, dass schwierige Anstiege, die selbst erfahrene Geländefahrer herausfordern, ihren Schrecken verlieren. Das knifflige Spiel mit Drehzahl und Kupplung fällt weg, ich kann mich auf den am wenigsten ruppigen Weg durch’s Gelände konzentrieren. Das klappt im Stehen erstklassig – ich erreiche den Lenker problemlos und kann die DSR/X dank schmalem Knieschluss einfach führen. Selbst sitzend würde ich easy durch die Pampa kommen, allerdings erfordert dies dann wesentlich mehr Arbeit am Lenker.
Ich habe also unbestritten meinen Spaß im Staub der Wälder, zwischen den scharfen Lavabrocken und im tiefen Sand, aus dem sich die DSR/X immer wieder kraftvoll herausschaufeln konnte.
Gedanken zur
Reichweite der DSR/X
Beim Thema Elektromobilität geht es immer um die Reichweite. Ob Tagesetappen von 600 Kilometern und mehr möglich oder sinnvoll sind, muss nicht diskutiert werden. Denn diejenigen, die non-stop von München nach Nizza fahren wollen, werden nicht in die Verlegenheit kommen, sich für ein Elektromotorrad zu interessieren – und wer sich für ein Elektromotorrad in der Preisklasse einer DSR/X interessiert, weiß, was ihn erwartet. Stichwort Routenplanung, Ladestopps, Stromanbieter-Management und Grundlagen der Elektro-Technik.
Trotzdem: Die DSR/X definiert sich als Adventure Bike, kommt mit gewaltiger Zuladung, Survival-Gepäcksystem, drei verschieden hohen Sitzbänken und Must obviously have-Zubehör für die ganz große Fahrt. Da muss in Sachen Reichweite was gehen.
Während der Testfahrt im heißen Sizilien konnte ich den 17,3 kWh großen Akku nicht mal im Ansatz leerfahren. Beim Start stand die SoC-Anzeige auf lustigen 110% – finde ich kurios, aber sei’s drum. Wer sich im Cypherstore das 10%ige Kapazitäts-Update des Akkus gegönnt hat, will sicher gerne drauf hingewiesen werden.
Die ca. 70 engagiert gefahrenen Kilometern auf Asphalt, Geröll und im Sand sowie die Lavabewegungs-Arbeiten zogen 40% aus dem Akku. Die von meiner DSR/X errechnete Reichweite war am Anfang und am Ende der Tour exakt die selbe. Multipliziere ich Pi mit Daumen, wären also rund 210 Kilometer an unterhaltsamen DSR/X-Spaß möglich gewesen – und diese Reichweite traue ich der neuesten Zero immer und überall zu, sofern keine Vmax-Aktionen auf der Autobahn mit ins Spiel kommen. Bei artgerechter und legaler Reise über Landstraßen und Alpenpässe erwarte ich wesentlich größere Reichweiten – meine eigene SR/F mit 14.4 kWh-Akku kam z. B. in den französischen Seealpen über 230 km weit.
Wie sich der neue 17.3 kWh-Akku bei Temperaturen rund um den Gefrierpunkt verhält, muss noch getestet werden – meine eigene 2019er SR/F lässt in der Kälte spürbar nach. Für Abenteuerlustige eventuell relevant: Bei Temperaturen unter 0°C bzw. höher als 50°C nimmt der Akku aus Selbstschutz keinen Strom mehr entgegen. Wer also im Winter zum Nordkapp oder im Sommer durch das Death Valley fahren möchte, sollte daran denken.
Mein Fazit
nach einem Tag mit der DSR/X
Ich bin im Grunde meines Motorradfahrer-Herzens kein Reisender, kein Endurofahrer und im Gelände so gar nicht zuhause. Aufrecht sitzen wird zwar irgendwann zur Notwendigkeit werden, aber solange der Rücken noch mitmacht und der Bauch nicht im Weg ist, lege ich mein Gewicht gerne auf den tiefliegenden Lenker eines Sportmotorrads und vertraue auf den Grip von warm gefahrenen Sportreifen auf rauem Asphalt.
Die fabelhaft gefertigte – soviel Lob muss sein – DSR/X hat mich aber eines Besseren belehrt. Dass Streetsurfen auch mit einer „Enduro“ geht, das habe ich zwischen den Obstgärten und Müllhalden Siziliens mit dem größten Vergnügen erfahren. Die Power der neuen Zero ist wie erwartet immens, deren Darreichung ein Fest. Die DSR/X schwebt nicht nur aufgrund ihres leisen Antriebs dahin, sondern auch wegen des erstklassigen Fahrwerks und ihrer prima Balance. Im Gelände ist die butterweich einsetzende Rekuperation ein Segen, wenn Erfahrung mit der Bremserei auf losem Untergrund fehlt. Auf Asphalt ist die Verbund-Bremse über alle Zweifel erhaben.
Die Raumfahrt-Technik im Kern des Motorrads bleibt erfreulich im Hintergrund, verwirrt den Verwender zum Glück nicht, und auch wenn die Anwendung der Software stellenweise eleganter gelöst sein könnte: jeder kann damit einfach aus dem Laden heraus losfahren.
Einige Details an der Zero DSR/X hätte ich mir anders gewünscht – soviel Kritik muss sein. Sind hakende Schlösser in dieser Preisklasse noch Charakter oder doch schon eine Frechheit? Ob die exponierte Lage der Typ 2-Dose die richtige ist, wird sich zeigen. Gleiches gilt für den schwer zu erreichenden Tempomat-Knopf an der rechten Lenkerarmatur – aber daran kann man sich gewöhnen. Ein kleines Fragezeichen habe ich auch bei dem optional angebotenen Gepäcksystem: warum wurde dafür ein aufwändiger und schwerer Träger erstellt, anstatt die schon vorhandenen Durchbrüche in den Aluminium-Griffen und die Soziusfußrasten zu nutzen?
Was kostet
der Spaß?
Der Preis kratzt, je nach Land, an der 27.000 Euro-Marke. Das ist unbestritten eine Menge Holz und wird auch selten der Preis sein, für den eine Zero DSR/X aus dem Laden rollen wird. Schon allein wegen des großen Akkus wird der optionale Quick-Charger zur Pflicht. Das Ladegerät für die heimische Garage gibt es nicht umsonst dazu, und dann fehlt immer noch ein dreiphasiges Ladekabel für unterwegs. Als „Adventure-Bike“ muss die DSR/X meiner Meinung nach auf den optionalen Speichenräder stehen, und wenn man auf Reisen geht, will man auf das Gepäcksystem wohl auch nicht verzichten. Dann werden’s wohl eher 30.000 Euro werden ..
Dafür verursacht der Gebrauch der DSR/X niedrige Kosten – je weiter damit fahren wird, desto preis-werter wird die Maschine. Der Preis für die kWh muss noch lange steigen, bis er ähnlich hoch wie für Benzin ist. Steuerbegünstigungen bzw. -befreiung und niedrige Versicherungsprämien sind umgehend spürbar, periodische Wartungsarbeiten beschränken sich auf die Kontrolle von Reifen, Bremsen und Zahnriemen. Und – dieser Seitenhieb sei mir erlaubt: ein Elektro-Motorrad ist auch im viel gescholtenen Tirol wieder gern gesehen.
Der Vollständigkeit
halber
- Motor: Z-Force® 75-10 5T, luftgekühlt
- Akku: 17,3 kWh (15,2 kWh nutzbar) Lithium-Ionen-Akku, integriertes AC 6,6 kW-Ladegerät (aufrüstbar auf 12,6 kW)
- Maximalleistung: 75 kW (ca. 100 PS)
- Dauerleistung: 36 kW (ca. 48 PS)
- Maximales Drehmoment: 225 Nm
- Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h
- Reichweite nach EU 134/2014 Annex VII: 172 km
- Gewicht: 247 kg
- Zuladung: 252 kg
- Endantrieb: Gates Zahnriemen
- Federweg: 190 / 190 mm
- Sitzhöhe: 828 mm
- Bremsanlage: vorne Radialpumpe, Doppelscheibe (320 mm), radial montierte Vierkolben-Bremszangen, hinten Einzelscheibe (265 mm) und Schwimmsattel-Bremszange, Bosch Advanced MSC mit Verbundbremse (eCBS) und Vehicle Hold Control (VHC)
- Vorderrad / Reifengröße: 3,00 x 19 / 120/70-19 (Pirelli Scorpion Trail II)
- Hinterrrad / Reifengröße: 4,50 x 17 / 170/60-17 (Pirelli Scorpion Trail II)
Herzlichen Dank
für die Unterstützung!
Ich habe die Zero DSR/X auf Einladung von Zero Motorcycles getestet – vielen herzlichen Dank für diese Gelegenheit! Alle Kosten für Anreise, Unterkunft und Verpflegung hat Zero Motorcycles übernommen. Die Fahrerausstattung wurde mir von Rukka Motorsport sowie der Nolan Group Deutschland zur Verfügung gestellt.
Bestens dazu passend:
Cool – die Zero FXE 7.2: Ein Fahrbericht
Spannend – Elektrisch durch die Schweiz
Mein Bericht der Anreise aus Italien.
Meine Hyper hat 100 Nm, aber schaufelt über 400 Nm an die Kette, die hat nämlich eine Primärübersetzung und ein Getriebe. Vielleicht sollten wir lieber auf die Zugkraft am Hinterrad schauen.
Und: Die Bremshaltefunktion würde mich nervös machen. Auf die Art bekommt man rubbelnde Bremsscheiben durch punktuelle Überhitzung. Hm.
Davon ab: Noch nicht ganz mein Krad, aber mit jeder Iteration kommen sie näher dran.
Danke Dir, Axel, für Deinen Kommentar. 100 Nm sind ja schon eine Hausnummer – aber wenn sich z. B. eine 1290er SuperDuke nach einer Fahrt mit der Zero lahm anfühlt, dann muss man höchstwahrscheinlich nicht mehr auf die Zugkraft am Hinterrad schauen.
Sei Dir versichert: NICHTS auf zwei Rädern schiebt im relevanten Geschwindigkeits-Bereich derartig an.
Überhitzung bei der Bremshaltefunktion wird es nicht geben. Dank der Rekuperation der Zeros wird die Bremsanlage nämlich äusserst selten gefordert.
Kein Zweifel, dass die Zero Kraft hat. Mein Punkt:
Es macht keinen Sinn, die Nm-Angaben von Elektromotor und Verbrenner direkt zu vergleichen, weil es keine Aussagekraft hat. Der Verbrenner hat ein Getriebe, dass die Kraft vervielfacht, der E-Motor ein wesentlich breiteres Band nutzbarer Leistung.
Rekuperation: Ich kenn das One-Pedal-Fahren vom i3 und find es toll. Aber beim Motorrad hab ich hinten nur sehr begrenzte Bremsleistung. Also bremse ich vorne. Und wenn ich mit heißen Scheiben anhalte und die Bremse gezogen halte, bleiben die Beläge auf der Scheibe und sorgen für ein dort punktuell langsameres Abkühlen.
Klingt nach wenig, aber so haben sich schon viele Leute die Scheiben verzogen.
Danke für Deinen Kommentar.
Ich stimme Dir zu – aussagekräftig für den Wums wäre die Zugkraft am Hinterrad. Aber welchen Gang willst Du dann dafür beim Verbrenner wählen? Also bleibt nur das übliche Prozedere: Prüfstand und im einzigen bzw. letzten Gang Drehmoment messen.
Zum Thema Rekuperation:
das hängt natürlich vom Fahrstil ab. Ich benutze die vordere Bremse meiner SR/F so gut wie gar nicht, der Hinterreifen überträgt passend Bremsleistung, dass es selbst beim Abfahren vom Stilfser Joch reicht. Und: hält man das Motorrad mit der hinteren bzw. kühleren Bremse fest, ist das Verziehen der Bremsscheiben auch kein Thema mehr.
Hallo Jürgen,
coole Sache, dass du bei der Präsentation dabei warst.
Ich habe heute Mittag bereits bei Youtube den Bericht von 1000PS angeschaut und mich auch gleich übers Internet für eine Probefahrt angemeldet. Danach habe ich gleich hier beim Händler angerufen. Die DSR/X soll wohl noch im September zu den Händlern kommen.
Bin sehr gespannt auf das Moped.
Und wie du ja weißt, gibt es auch bei der italienischen Konkurrenz gewisse Dinge, die man nicht verstehen muss. Auch bei der neuen Energica muss man den rechts angebrachten Tempomat mit der linken Hand betätigen. Beim Versuch, diesen mit dem Daumen der rechten Hand zu erreichen, zieht man unweigerlich ungewollt am Kabel, was bei einem E-Motorrad sehr unlustig werden kann. Und zum Thema Ladebuchse unzugänglich unter dem Tankrucksack…. meine neue Pikes Peak mit Keyless hat den Knopf zum Anmachen der Zündung direkt vor dem Tankdeckel. Das heißt, dass bei jedem Starten das Gefummel losgeht, den Knopf mit angezogenen Handschuhen im kleinen Spalt zwischen Tank und Tankrucksack zu erfummeln. Da wäre mir ein Zündschloss, das gut zu erreichen ist, echt lieber.
Und während bei Energica (bei Zero weiß ich es nicht) schon immer so war, dass der Knopf für den Tempomat unsinnigerweise rechts montiert ist, war der Knopf für die Zündung an der vorigen Multistrade praktischerweise direkt unter dem Startknopf an der rechten Schaltereinheit. Es muss also nicht immer alles besser werden. Wenigstens hat die Zero ja USB Steckdosen, die Multi hat immer noch eine Kfz-Steckdose im Cockpit, für die es aber im Zubehör bei Ducati für 30 Euro einen Adapter auf USB zu kaufen gibt. Muss man auch nicht verstehten. Vor allem weiß ich gar nicht, was ich, außer besagtem Adapter, in die Kfz-Steckdose einstecken soll, einen Zigarettenanzünder vielleicht.
Dein Bericht macht Vorfreude auf die Probefahrt mit der DSR/X. Freue mich schon ungemein. Bin auch gespannt, wie sie sich im Vergleich zur Energica fährt. Die Elektro-Geschichte macht Vortschritte, da werden wir sicher noch viel Freude mit haben.
Grüße
Wolfgang
oh je, jetzt habe ich Fortschritt auch noch mit V, wie verdammt, geschrieben (lach).
Hi Jürgen,
ich muss gleich sagen: Ein tolles Design ist denen in Kalifornien gelungen. Spricht mich ungemein an. In sich sehr stimmig und harmonisch. Endgeschwindigkeit interessiert mich nicht, aber Nm dagegen viel mehr und 225Nm sind eine ordentliche Hausnummer. Wenn ich da an die 162Nm meiner ehemaligen Gold Wing F6B denke, die aber auch über 400kg wiegt und mir jetzt vorstelle 225Nm bei 247kg Gesamtgewicht zu haben -> Holla die Waldfee!
So ein Bike würde mich durchaus reizen (wäre doch nur mein Freizeitportemonnaie größer). Die Zukunft wird spannend!
Lieben Dank für den spannenden Bericht! (Achja, ich hatte leider keine Email diesmal erhalten, dass es einen neuen Artikel gibt. Dies nur rein informativ.)
LG,
Karim
Danke für den sehr guten, ausführlichen Bericht, mein Lieber! Aber man ist ja von Dir nix anderes gewohnt. Spannendes Bike!